Nachgedacht über Philosophie und ihre Bedeutung

Anlass für meine Gedanken sind zwei Fragen
"Ist Philosophie überhaupt eine Wissenschaft?

Welche Bedeutung hat Philosophie?"
aus dem Artikel:
http://spireo.de/ist-philosophie-wissenschaft-warum-philosophie-die-wichtigste-wissenschaft-ist/

 

Ja, Philosophie ist eine Wissenschaft.

Aus meiner Sicht wird Wissenschaft heutzutage mit Naturwissenschaft gleichgesetzt, die mit Experimenten unter festgelegten, eher künstlichen Umweltbedingungen arbeitet.

Philosophie ist eine Erkenntnis-Wissenschaft, die mit geistigen Erkenntnisprozessen arbeitet,

  • die im Innenleben von Menschen entstehen und geäußert wurden/werden,
  • die Beziehungen reflektieren und die Verhalten von Menschen, Gesellschaften, Kulturen, "Fortschritt" usw. beobachtet und dies alles beschreibt,
  • in der Tiefe gräbt,
  • hinterfragt,
  • miteinander vernetzt

und daraus (mögliche)

  • Prinzipien,
  • Strukturen,
  • menschliche Grundgegebenheiten
  • uvm.

als Ergebnisse ableitet. Bei der Ableitung der Ergebnisse treffen durch die wissenschaftliche Arbeitsweise Philosophie und Naturwissenschaft wieder zusammen.


Sowohl Erkenntnis- als auch Naturwissenschaften sezieren vorhandenes, nur Erkenntnis-Wissenschaften müssen vorhandenes dazu nicht zerstören, denn Wissen entsteht aus Erkenntnis und nicht durch Hantieren und Auseinandernehmen von Lebensprozessen und -bezügen.

Nach meiner Meinung hat Philosophie eine starke Seite, die akademisch eher im Hintergrund ist oder zumindest durch die Art der Kommunikation verschleiert wird:


die (Lebens-)Erfahrung.


Damit könnte sich die Philosophie wieder mehr Bedeutung im Leben der Menschen verschaffen. Philosophie bietet konserviertes Wissen über

  • Lebenserfahrungen,
  • Haltungen,
  • Denkweisen und -muster

aus Vergangenheit und Gegenwart an, das leider für den Otto-Normal-Menschen kaum eine Rolle spielt, weil die Art der Kommunikation zu lebensfern geworden ist.

 

Die meisten sogenannten gesellschaftlichen und kulturellen Neuerungen oder Veränderungen gab es in anderen Zusammensetzungen schon mehrmals, vor Jahrhunderten, vor Jahrtausenden. Wenn Philosophie dieses Wissen mit dem Fokus auf das heutige Leben in einer einfachen Art der Kommunikation aufbereiten und zur Verfügung stellen würde, dann könnten Bewusstsein und Erkenntnis in größeren Bevölkerunganteilen zunehmen. Die Leute könnten lernen, geistig und emotional nicht mehr durch alles und jedes hin und her geworfen bzw. verunsichert zu werden.

Bewusstsein und Erkenntnis durch das Außen der Philosophie führt über kurz oder lang zu Bewusstsein und Erkenntnis in der eigenen Innenwelt. Menschliche Erfahrungen und die eigene innere Erkenntnis bekommen ein größeres Gewicht - Sicherheit sowie individuelle Standhaftigkeit nehmen zu und der Einzelne wird (wieder) zum Experten für sich selbst. Damit wäre es immer weniger notwendig,

  • andere zu verletzen oder
  • klein zu machen oder
  • zu übervorteilen,

um bei sich selbst bleiben zu können und seine Standpunkte zu vertreten.

Für mich liegt die Bedeutung der Philosophie nicht in der Wissenschaft an sich, sondern in der Verfügbarmachung ihrer Erkenntnisse für die einzelnen Menschen - als Gegenpol zu zerstörenden Werten

  • wie Leistung und Wachstum um jeden Preis,
  • wie Geld und wirtschaftlicher Erfolg als einziges Lebensprinzip,
  • wie der ungebändigten Ressourcen-Ausbeutung von Mensch und Umwelt als (unterschwelliges gesellschaftliches) Ideal.

Das eigene Leben macht jeden Menschen zu einem Philosophen. Es fehlt nur ein kleiner und passender Impuls, damit dies gesehen wird und wenn vom Einzelnen gewünscht, wichtig werden kann.

Philosophie kann ein individueller und (Eigen-)Verantwortung erzeugender Füllstoff für die Leerräume werden, die

  • durch ausbleibende Nutzung von organisierten Religionen,
  • durch ausbleibende Nutzung von althergebrachten Traditionen und Werten,
  • durch den Rückgang von dauerhaften organisierten Freizeitbeschäftigungen,
  • durch kleiner werdende oder nicht vorhandene vertrauensvolle soziale Umfelder,
  • durch zunehmende sinnentleerende Verzweckung in allen Lebensbereichen,
  • durch zunehmende psychologische Definitionen von Verhaltensmustern in verschiedenen Lebens-, Emotions- und Bedürfnisphasen als Störungen und Krankheiten

entstehen.

 

Philosophie könnte ein alternativer Weg werden, wenn sie den Elfenbeinturm verlässt, damit der einzelne Mensch Selbstvertrauen und Selbstsicherheit erwerben kann und mitmenschliche Beziehungen und Umgangsformen erhalten bleiben und zunehmen können.

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